Re: Wieviel Utopie ... Evolution des Religiösen


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Abgeschickt von Walter Keil am 02 Maerz, 2008 um 12:51:43

Antwort auf: Re: Wieviel Utopie braucht der Mensch ? von Walter Keil am 15 Januar, 2008 um 09:19:17:


Hallo Herr Heim,
nachdem ich lange keine Zeit und Muse gefunden habe, heute hier noch mal ein Versuch von mir, auf die Evolution der Religionen einzugehen.

Voraus:
Ich denke, global betrachtet, dass individuelles Denken ohne kollektives Denken, also Kommunikation, äußerst schlicht wäre. Erst die Kommunikation erlaubt den umfangreichen Wissenserwerb und formt und hebt die menschliche Intelligenz auf höheres Niveau.
Das individuelle Denken ist also in weiten Teilen eine Folge der Kommunikation in Gruppen zu denen man gehört. Natürlich aber auch sicherlich stark beeinflusst von dem, was man vererbte geistige Talente und Charaktereigenschaften nennt.
(Wer nicht neugierig ist und nicht viel fragt wird geistig zurück bleiben.)
Aus diesem Grunde halte ich auch Religion und Philosophie, genauso wie Kunst, Mathematik und alle anderen geistigen Gebiete, für kollektive Spielfelder auf denen Individuen nicht wirklich unabhängig agieren.

Das Religiöse ist für mich mit der Intelligenz in die Welt gekommen.

Dass sich der Mensch als Gattung, aus dem Tierreich heraus entwickelt hat, kann ja wohl nicht mehr bestritten werden. Es war und ist ein Aufstiegsprozess, für den es, wie für den gesamten Aufstiegsprozess im Universum (globale Evolution des Kosmos), keine durchgängige mathematisch naturwissenschaftliche Erklärung gibt. (evtl. noch nicht gibt)

Dieser wundersame Prozess offenbart sich intelligentem Leben schon früh, aber sicherlich nur ansatzweise. Das Werden und das Vergehen der Lebewesen, der Ablauf der Jahreszeiten und damit eine Prägung der Lebensgewohnheiten aller Lebewesen, die Notwendigkeit sich zu Ernähren, die Erfahrung der Unsicherheit und Abhängigkeit des Lebens in seiner Umwelt, zeigen der erwachenden Intelligenz, dass er selbst geworden ist und vergehen wird und das er abhängig eingebettet in seine Umwelt ist. Ein naturnahes, mystisches Denken über große
Weltzusammenhänge war so die Folge.

Im Verstand der Menschen entstand im Verlaufe der Frühgeschichte des Menschen, die Idee, dass diese Wirklichkeit intelligent konstruiert bzw. geschaffen ist. Nachdem über einige Zeit viele Götter dafür verantwortlich gemacht wurden, entstand dann der Monotheismus, der Glaube an einen einzigen Gott. Dabei spielten so genannte Propheten wohl eine entscheidende Rolle. Aber auch Könige, wie bei den Ägyptern, trafen religiöse Grundsatzentscheidungen.
In wie fern echte Begegnungen mit einem persönlichen Gott stattgefunden haben,
bezweifle ich doch eher, möchte es aber nicht ausschließen. (Traf Moses auf dem Berg einen persönlichen Gott ? Oder hörte er innere Stimmen während einer Meditation ?)

Interessant ist dabei zu sehen, wie die religiöse Entwicklung in Asien oder auch China abgelaufen ist. China hatte weniger okkulte Praxis, als mehr philosophische Traditionen entwickelt. In Asien gab es, für unser Verständnis, teilweise seltsame Entwicklungen, wie das Kastensystem des Hinduismus in Indien.

Kann man unsere gegenwärtigen Religionen und Kirchen in diesem Zusammenhang betrachten und bewerten?
Ich denke, man muss das sogar. Unsere Welt ist eine einheitliche. Das Wissen um die Welt ist dabei in allen denkenden Köpfen, jeweils in kleinen Teilen verankert. Wir können dabei auf Dauer nicht immer Separieren, wenn es um die globalen und weitergehenden Fragen dieser Wirklichkeit geht. Wir müssen integrieren, vereinigen. Wir müssen die Vorstellungen über
die Welt genauso globalisieren und abgleichen, wie wir es auch in anderen Bereichen tun.
Alle Menschen haben, bevor sie in alle Erdteile zerstreut, ihren Ursprung in Afrika.
Alle Religionen sind daher sicherlich regionale Entwicklungen einer aus Afrika ausgewanderten Spezies, die nun nach einem ungeheuren Vermehrungsprozess im Rahmen der Globalisierung wieder nahe kommt.

Die christliche Kirche, z.Bsp. mag in Ihrer Geschichte immer wieder wie „Teufelszeug“ gewirkt haben.
Ich denke da besonders an die Zeit der Inquisition im Mittelalter. Aber wenn man, Religion und Kirchen, so wie ich evolutionär betrachtet, dann ist das kein Wunder. Der Mensch von damals war so rigoros und von Gewalt geprägt, egal welchen Glaubens er war. Und er ist in Teilen auch noch heute.
Mütter töten Ihre Babys, egal ob sie katholisch getauft und drogensüchtig sind oder ohne
Glauben in der ehem. DDR aufgewachsen sind und mit Harz IV und dem Alkohol nicht zurecht kommen.
Solche Aussagen tun Atheisten möglicherweise weh, da sie die besondere Böswilligkeit des Religiösen nicht explizit anerkennen.
Die Brutalität atheistischer Menschen ist, so meine ausdrückliche Meinung, prinzipiell nicht geringer. Die größte atheistische Philosophie, der Kommunismus, hatte in Stalin, Mao Tse Tung und Pol Pot hier seine Schreckensfiguren.

Dass aber alle Formen von Religion und Atheismus sich weiter entwickeln, kann man in der Geschichte erkennen. Was aber meist sehr langsam geschieht.
So wurde im Christentum immer wieder im Verlaufe der Jahrhunderte am Gedankengebäude
verändert, hinzugefügt und abgeschafft. Es kam zu Abspaltungen, mal dauerhaft mal kurzzeitig. Es kam das Zölibat und es wird möglicherweise bald abgeschafft. usw.
Katholische Geistliche, Ordensleute usw. informieren sich über den Buddhismus und stellen
eine Nähe fest. (Willigis Jäger und andere)
Der Dalai Lama sagt, es sei nicht so gut, wenn Angehörige anderer Religionen einfach zum Buddhismus übertreten, weil ihre religiös vorgeprägte Psyche in Konflikte gestoßen werden könnte, die kaum lösbar sind. Ich denke auch, eine religiöse Prägung muss nicht pauschal überwunden werden, sondern weiterentwickelt werden. Eben den notwendigen
Schritt in der religiösen Evolution vollziehen. Wobei der Atheismus, siehe Kommunismus etc. dieselbe Aufgabe vor sich hat. Man muss halt den evolutionären Zug der Zeit erkennen, was sicherlich nicht immer einfach ist. Kurzfristige Pseudofortschritte sind kein evolutionärer Aufstieg. Darum gehört auch immer eine gewisse Trägheit, eine Denkperiode, dazu.

Ich habe in diesem Zusammenhang die Idee des Teilhard de Chardin aufgegriffen:
Die Erde legt sich mit der Menschheit eine geistige Schicht zu, die Noosphäre.
Dabei kommt es zu einem schmerzhaften Vereinigungsprozess, der auch ein Aufstiegsprozess ist. Er nannte es die Planetisation, was nicht nur die Globalisierung der Menschheit meint, sondern darüber hinaus geht. Eine organisatorische Vereinigung der Erde mit allen ihren Bewohnern zu einem sich bewusst gewordenen Organismus Erde. Ökologie und Frieden werden zu notwendigen Eigenschaften in diesem Prozess.
Insgesamt sprach Teilhard auch von der Gottwerdung des gesamten Kosmos.
Aber er sprach auch davon, dass dieser Prozess misslingen kann !

Ich hoffe, ich habe meinen Standpunkt in etwa darstellen können.
Das Thema in allen Facetten abzuhandeln wäre sicherlich schon eine Habilitationsarbeit.
(Wie evolutionär sind Religionen ?)

Mit freundlichen Grüßen

Walter Keil




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