Re: Frontal 21 hat heute wieder zugeschlagen: Rentner


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Abgeschickt von Heinz Boente am 07 Mai, 2008 um 10:32:08

Antwort auf: Frontal 21 hat heute wieder zugeschlagen: Rentner von olfd am 06 Mai, 2008 um 22:55:51:

Hallo Olf, liebe Forumsbesucher,

langsam kann ich sie nicht mehr ertragen, diese dämliche Rentnerdebatte! Zwar habe ich Frontal21 nicht gesehen ("Der Blaumilchkanal" von Ephraim Kishon auf BR war mir lieber), bin aber noch bei Maischberger reingezappt. Dasselbe Thema! Du schriebst: "Das alles geht mir an die Substanz des Denkens". Sehr richtig! Genau das ist das Problem: das Denken, was offenbar den meisten Menschen (und ganz besonders den sogenannten "Verantwortlichen") sehr schwer zu fallen scheint. Und die Kluft vom Denken zur Umsetzung ist schier unüberwindlich. HvD hat noch ein treffendes Bild geprägt, nämlich das von den heiligen Kühen. Wir wundern uns darüber, daß in Indien zwar Kinder verhungern, die heiligen Kühe aber unbehelligt durch die Straßen laufen. Dazu stellt er die Frage, wann WIR denn endlich unsere heiligen Kühe schlachten! Beispielsweise die heilige Kuh des Rentensystems. Oder die des Föderalismus. Oder die des Gesundheitswesens, der Besteuerung, der Energieerzeugung, der "freien Fahrt für freie Bürger", des Verbotes rechtsradikaler Parteien, des Bildungssystems... soll ich die Liste fortsetzen? Nicht nur die sogenannten Experten haben zu allen diesen Themen konkrete Vorschläge und Lösungen, nein, auch "Otto (oder Lieschen) Normalverbraucher" brauchen lediglich ihren gesunden Menschenverstand einzuschalten, um zu sehen, daß all dies im Argen liegt und niemand in der Politik auch nur das Geringste unternimmt.

Ich bemühe zur Verdeutlichung mein derzeitiges Lieblingsthema: das Rauchverbot in Gaststätten... halt, nein, es heißt ja Nichtraucherschutzgesetz. Damit ich richtig verstanden werde: mir geht es hier nicht darum, daß Nichtraucher und/oder Personal vor schädlichem Rauch geschützt werden sollen oder daß Rauchen als solches gesundheitsschädlich ist. Mir geht es um das Demokratieverständnis ganz allgemein. Da werden Gesetze verabschiedet, die immerhin 29% der Deutschen betreffen (rund 23 Millionen Menschen!) und es geht kein Aufschrei durch die Menge! Obwohl es außer einem radikalen Rauchverbot durchaus auch andere, für alle akzeptable Lösungen gäbe. Unser Staatssystem läßt eben keine andere Möglichkeit zu, es wird alle vier Jahre gewählt, daraufhin wird eine Regierung gebildet, die nicht etwa auf einer Mehrheit der Wählerstimmen beruht, sondern von mehr oder weniger willkürlichen Koalitionsbildungen abhängig ist, und von diesem Augenblick an hat das Volk keine Chance mehr, auf irgendwelche Entscheidungen (die nicht einmal von Fachleuten auf dem jeweiligen Gebiet getroffen werden, sondern meist von Laien, die zufällig der richtigen Partei angehören) auch nur den geringsten Einfluß zu nehmen. Heute wird von einer Regierung der Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen, morgen wird der Beschluß von der nächsten wieder rückgängig gemacht. Die heilige Kuh der Wirtschaft wird durch Subventionen und Steuererleichterungen gepäppelt, dem Volk wird die Mehrwertsteuer erhöht. Hier "verdienen" Manager zweistellige Millionenbeträge, dort kürzt man Pendlerpauschalen. Man streicht Kulturetats bis zur Unkenntlichkeit zusammen, schleudert aber Millionen für G8-Gipfeltreffen raus. Man redet von Freiheit und schiebt andererseits den internationalen Terrorismus vor, um diese kräftig einzuschränken (wie war das damals noch mit den Notstandsgesetzen?)... auch diese - zugegeben - recht willkürliche Liste brauche ich nicht weiter fortzusetzen.

Es geht also nicht nur um die Substanz des Denkens, es geht um die Substanz der Demokratie! Und wenn man HvD aufmerksam gelesen hat (insbesondere seine späteren Schriften), dann weiß man, daß er nicht nur ein herausragender Wissenschaftspublizist war, sondern auch ein Demokrat par excellence.

Doch zurück zum Thema:
Der sogenannte "demographische Wandel" und die daraus folgenden "Rentnerdebatten" sind ein besonders krasses Beispiel des Versagens. Man läuft sehenden Auges in ein Problem hinein, auf das die Wissenschaft schon vor Jahrzehnten hingewiesen hat und das man hätte lösen können, aber man doktort lieber an den Symptomen herum, als die Krankheit selbst zu heilen. Die Weltbevölkerung wächst und wächst und wächst (trotz täglich 40.000 verhungernder Kinder) und in Deutschland brüllt man nach mehr Nachwuchs, um das marode Rentensystem aufrechtzuhalten! Nahrungsmittel werden knapp, Rohstoffpreise steigen ins Unermeßliche, aber nicht weil's nicht genügend Ackerflächen gäbe oder die Rohstoffe plötzlich extrem knapp werden, nein, weil einige wenige Börsenspekulanten sich damit goldene Nasen verdienen!

Wie sagte - wenn auch in einem ganz anderen Zusammenhang - Max Liebermann? "Ich kann gar nicht soviel fressen, wie ich kotzen möchte!"

HB

PS: Wer meine Glosse zum Thema noch nicht kennt, einfach auf den untenstehenden Link klicken.




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