Re: Filmtipp


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Abgeschickt von Klemens Taplan am 13 Januar, 2006 um 20:20:51

Antwort auf: Filmtipp von Heinz Boente am 26 November, 2005 um 09:50:12:

Sehr geehrte Forumsbesucher,

ich habe den Film mittlerweile gesehen. Die erste Veranstaltung war ausverkauft; am zweiten Tag waren die Reihen gelichtet. Das allgemeine Interesse an dem Thema (oder an dem Film?) habe ich wohl überschätzt. Die magische Welt Harry Potters zieht mehr Zuschauer an als eine Dokumentation über unsere Vorstellungen der Realität, so mein erster Eindruck.

Der Film besteht aus einer Rahmenhandlung (der Geschichte der pessimistisch eingestellten, aber sich entwickelnden Fotografin Amanda) und Erläuterungen von Vertretern unterschiedlicher Fachdisziplinen (Physiker, Biologen, Psychologen, Theologen, ...). In den Erklärungen werden wissenschaftliche und spirituelle Vorstellungen vermischt. Thesen aus dem Konstruktivismus, dem positiven Denken und der Quantentheorie ziehen sich durch den gesamten Film. Manche Aussagen klingen esoterisch, so z.B. die Hypothese, dass die Ureinwohner Amerikas die ankommenden Schiffe von Kolumbus nicht erkennen konnten, weil ihnen Schiffe dieser Größenordnung unbekannt waren. Die Quantentheorie wird bis an ihre Grenze (oder darüber hinaus?) ausgereizt, wenn die Viele- Welten– Interpretation ins Spiel gebracht wird (eine vorhandene mathematische Grundlage impliziert nicht ihre physikalische Realität) oder vom "Kleinen" auf das "Große" extrapoliert wird.

Der Film geht über den Rahmen naturwissenschaftlicher Aufklärung hinaus. Das war beabsichtigt und überrascht nicht. Aber wo verläuft die Grenze?

Ich hätte es begrüßt, wenn die Vertreter der jeweiligen Fachdisziplinen sich zu Beginn (und nicht am Ende) des Films vorgestellt hätten. Ebenso hätten sie den Versuch unternehmen können, die Grenze zwischen dem (wissenschaftlichen) Standard der von ihnen vertretenen Fachdisziplin und ihrer darüber hinausgehenden eigenen Position zu beschreiben. So werden z.B. Effekte der Quantentheorie in Richard Feynmans Buch "Vom Wesen physikalischer Gesetze" nüchterner dargestellt, als in diesem Film, der den Anspruch erhebt, eine Dokumentation zu sein.

Es gibt eine Vielzahl von Weltbildern, die im Film nicht angesprochen wurden. Warum nicht?

Die Bezeichnung "tendenziös" klingt vielleicht zu negativ, jedoch fällt auf, dass die konstruktivistische These "Wir kreieren unsere Realität" im Vordergrund steht, im Gegensatz zur fatalistischen Vorstellung "Wir seien Opfer der Umstände". Na ja, besser als umgekehrt. Vermutlich wollten die Filmemacher nicht nur Erkenntnisse vermitteln, sondern auch positive Kräfte mobilisieren.

Der Film bietet Anreize, sich mit der Situation des Menschen in der Welt zu beschäftigen. Den Filmemachern ist es gelungen, Neugierde zu wecken. Und aufgeklärte Zeitgenossen werden durch den Film nicht verwirrt oder einseitig informiert, sondern greifen sowieso auf unterschiedliche Informationsquellen zu.

Wie hätte HvD das Thema aufgearbeitet? In seiner Sendereihe "Querschnitte" war HvD stets ein verantwortungsbewusster sachlicher Aufklärer. Ich glaube, er hätte das Thema auf mehrere Sendungen verteilt, den aktuellen Stand der Forschung sachlich dargestellt und darüber hinausgehende Interpretationen und offene Fragen deutlich davon abgegrenzt. Und natürlich hätte er die evolutionäre Erkenntnistheorie erläutert ...

MfG
Klemens Taplan



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