Brief an Wolfgang D. aus der DDR. (Den gibt es wi


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Abgeschickt von Peter Niemann am 04 April, 2012 um 14:59:42

Aber, Forumbesucher, was hat der mit Hoimar von Ditfurth zu tun? Na, in Bezug auf die Frage, was die Welt zusammenhält, nicht wenig. Aber, der Reihe nach: ich empfehle ihm erstmal das Apfelbäumchenbuch. Er kann sich eine eigene Meinung darüber bilden und darüber reden, oder auch nicht. Beides ist im "Westen" staatlich erlaubt.

Hallo Wolfgang,
wir haben 40 Minuten telefoniert, megaholperig, aber live war's auch nie besser, so geht's nicht. Dann wollte ich Dir eine Mail schreiben, aber Dein Postfach funktioniert nicht. Ein Brief hat Dich nicht erreicht, ich weiß nicht, warum. Ob Dich mein zweiter erreicht hat, weiß ich nicht, den dritten habe ich daraufhin nicht abgeschickt und einen geplanten vierten nicht geschrieben. Telefonisch erreiche ich Dich wieder nicht, wäre auch sinnlos, vielleicht aber über diesen Weg hier, so schnell gebe ich ja nicht auf.
Ich halte also, auch wenn Dir das garnicht gefällt, diese Bundesrepublik für den besten Staat, den es auf deutschem Boden bisher gab, aber, um es nochmal zu sagen: nur im Vergleich zu allem, was vorher war. Warum?
Weil die weltanschauliche Grundüberzeugung, die das Fundament dieses Staates bildet, eine agnostische ist, die ich für die realistischste halte, die ein Mensch haben kann,
und in der - als Schlußfolgerung daraus - eine Lehre aus Irrtümern in der Vergangenheit gezogen worden ist, die von außerordentlich hohem Wert ist, ständig bedroht ist, und unbedingt erhalten werden muß, so unvollkommen sie auch praktisch realisierbar ist:
Diese Lehre heißt Freiheit !
Du weist das gleiche Prädikat dem Staat DDR zu, mit ähnlichen Begründungen und Einschränkungen und einer antifaschistisch-demokratischen Ordnung als Lehre aus der Vergangenheit.
In Bezug auf den Inhalt der weltanschaulichen Grundüberzeugung unterscheiden sich unsere Meinungen nun aber grundsätzlich.

Du haßt diesen Staat BRD bis aufs Blut, wenn Du mal in Rage bist. Anders kann ich Deine Äußerungen, die ich nun jahrelang kenne, nicht deuten.
Unsere Meinungen zu verteidigen,wird uns nicht leichtfallen. Aber wenn man es von den Grundlagen her hierarchisch anpackt, könnte es sogar Spaß machen. Kinder von Traurigkeit sind wir doch eigentlich nicht, oder?
Das bedeutet, daß wir uns mit den alltäglichen "Stammtisch"themen, die nur die Folgen der Grundlagen sind und eine untergeordnete Ebene darstellen, nicht belasten sollten, aber sorgfältig darauf achten müssen, beide Ebenen voneinander zu unterscheiden. Was nicht einfach ist, weil man ganz leicht immer wieder auf untergeordnete Ebenen herunterfällt. Und, sorry, nichts gegen den Tisch, an dem immer die sitzen, die immer da sitzen, ich sitze auch manchmal da.

Ich besuchte neulich zwei Veranstaltungen, eine mit Egon Bahr und Peter Ensikat und eine der BStU über die ersten Jahre der DDR. In beiden, auch in der zweiten, wurden die damaligen DDR-Politiker im Gegensatz zu heutigen Gepflogenheiten mit außergewöhnlicher Verständnisbereiteschaft behandelt (Ich dachte, ich wäre im falschen Film.) Du hast in dieser Dir verhaßten BRD schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht, aber auch in der DDR nicht nur gute. Hast Du vielleicht mit Menschen ganz allgemein überdurchschnittlich negative Erfahrungen gemacht? Ich jedenfalls kann das von mir behaupten und habe mich jahrzehntelang gefragt, woran das liegt. Warum war ich Prügelknabe? Warum wollte keiner von mir etwas wissen?
Logisch, daß sich daraus eine Verachtung aller Menschen überhaupt (mich eingeschlossen) entwickelte (im Gegensatz zu Tier und Pflanze), die sich im Tiefsten bis heute erhalten hat. Die merken das und antworten mit Gleichem, und wenn ich schauspielend Wohlverhalten und vorauseilenden Gehorsam präsentiere, ihnen zum Munde rede anstatt meine wirkliche Meinung zu sagen, merken sie auch das. Das ist im Grunde genommen gut und richtig, ein wichtiges Regulativ für das Zusammenleben der Menschen. Aber was macht man nun? WARUM wollen sie nichts wissen? Enthielt, enthält mein Wissen, von dessen Richtigkeit ich so fest überzeugt war, neben viel Richtigem vielleicht auch komplizierte, schwer widerlegbare Irrtümer, mit denen sich keiner ANSTECKEN will?
Lange war ich davon überzeugt, daß der Mensch grundsätzlich in der Lage ist, die Wirklichkeit vollständig zu erkennen. Nicht heute vielleicht, aber in irgendeiner Zukunft. "Die Welt ist erkennbar." Eines Tages jedenfalls würde das, was man noch nicht erkannt hat, wenig und von untergeordneter Bedeutung sein im Vergleich zu dem, was man erkannt hat. Diese Ansicht vertritt der Evolutionsbiologe Richard Dawkins auch heute ("Der Gotteswahn"). Außerdem glaubte ich, alle Vorgänge in der Welt folgten eindeutigen Naturgesetzen. Dieser Meinung war immerhin auch Einstein. Und da das menschliche Gehirn aus demselben Stoff bestehen muß wie alles andere, konnte es keine Willensfreiheit geben. Daraus schloß ich, daß es ohne Erfolgsaussicht sein muß und nutzloser Aufwand, sich um irgendetwas zu bemühen oder irgendetwas vermeiden zu wollen. Diese Auffassung - allmählich immer tiefer verinnerlicht - hat mich in den 70er Jahren in Lebensgefahr gebracht, jedoch konnte ich durch eigene Aufklärungsarbeit den Zug im letzten Moment zum Stehen bringen. Darauf bin ich noch heute ein bißchen stolz. Aber ich höre heute noch "die Bremsen quietschen".
Stellt sich die Frage: Darf ich als blutiger Laie denn eine andere Meinung haben als der mir an Sachkenntnis und Intelligenz haushoch überlegene berühmte Wissenschaftler oder Philosoph? Doch da gibt es ja noch andere, vielleicht ebenso bedeutende (meldet sich jetzt sofort Deine Schere im Kopf, Wolfgang?), die im Grenzbereich unserer heutigen Erkenntnisse zu ganz anderen übergeordneten Auffassungen gekommen waren. Wer bestimmt denn eigentlich, wer "bedeutend" ist und wer nicht?
Wem kann ich glauben? Ich werde mich wahrscheinlich denen anschließen, die meinen, in meiner zufälligen Lebenssituation erworbenen Auffassungen am nächsten stehen. Allerdings: unsere Sinne, unsere Meßgeräte, ja selbst unsere Logik - ja sogar unsere Logik! Hoimar von Ditfurth wußte es gut und hat es mit Beispielen belegt - vermitteln uns nur einen winzigen, ganz auf unsere Bedürfnisse zugeschnittenen und keineswegs absolut zuverlässigen Ausschnitt aus der Gesamtwirklichkeit, und jedem Menschen auch noch einen etwas anderen, angepaßt an seine jeweilige Umwelt.
Ja, wir wissen noch nicht einmal, ob es das, was wir mit "Gesamtwirklichkeit" meinen, in der gemeinten Art gibt. Es gibt kein Wort dafür. Aber das ist doch das einzige, was es "in dieser Art" überhaupt gibt, oder? Nee! Das wissen wir nämlich auch nicht!
"Das ist doch das einzige, was es in der Art gibt", sagte immer ein Spaßmacher, wenn er über Frauen sprach.
Nun wirst Du einwenden: es gibt doch außer den Themen, die noch Gegenstand der Forschung sind, sehr viel gut gesichertes Wissen und andererseits vieles, was man von vornherein getrost als Spinnerei abtun kann. Ja, aber wer soll wo die Grenze ziehen zwischen Erkenntnis und Hypothese? Auch Scharlatane haben Doktortitel und oft sind sie von ihrer Sache ehrlich überzeugt. "Natürlich vom Staat dazu bevollmächtigte Wissenschaftler", sagst Du. Aber haben die mehr Ahnung als hochqualifizierte Spezialisten auf ihrem Fachgebiet? Außerdem: neue richtige Erkenntnisse waren nicht selten zunächst von der Fachwelt nicht erkannte und nicht anerkannte Erkenntnisse von Einzelpersonen, deren Durchsetzung erst erkämpft werden mußte. Wie soll das ein Politiker vorher erkennen?
Es gibt anscheinend keine für uns erreichbare - Richtung Himmel oder so - Person oder Institution, die mit Sicherheit sagen könnte, was richtig ist uns was falsch. Das mag man bedauern, aber es ist besser, Erfahrungen zur Kenntnis zu nehmen als sich irrationaler oder reduktionistischer Besserwisserei zu überlassen.

Das mag man bedauern?

Was wäre, wenn es anders wär' und wir alles wüßten? Wir könnten alles dem Autopiloten übergeben und brauchten uns um nichts mehr zu kümmern.
Das ICH würde nicht mehr gebraucht und kann seine Tätigkeit einstellen.
Was in einem biologischen Organismus nicht mehr gebraucht wird, STIRBT AB ! !
Leben braucht Anforderung. Wenn es z.B. das sogenannte Böse in der Welt nicht gäbe, wäre Leben wohl garnicht möglich.

Der "Mechanische Materialismus", mit dem ich noch aufgewachsen bin, erklärte dann das anschaulich Vorstellbare zur absoluten Wahrheit (wie auch die Nazis) und alles andere zu bürgerlich-idealistischer Irrlehre von irgendwelchen Geisteszwergen im Westen, die von den Kapitalisten Geld kriegen, wenn sie so einen Blödsinn schreiben, und das müssen sie aber, so ausgebeutet, unterdrückt und verarmt, wie sie da drüben leben müssen. "Materialismus" - das ist die wissenschaftlich bewiesene Weltanschauung der Arbeiterklasse, "Idealismus" die Ideologie der Ausbeuter. Viele dicke Bücher wurden darüber geschrieben. Es war die Staatsreligion. Und worüber man dicke Bücher schreiben kann - da muß doch was dran sein. Ist es ja auch, aber eben Vorteilhaftes UND Nachteiliges, Gutes UND Schlechtes.
"Die Welt ist erkennbar." Wie wohltuend optimistisch das klang. Kein finsterer Gott Donar schleuderte die Blitze, sondern erkennbare Naturgesetze wirkten, vor denen man sich nicht zu fürchten brauchte. Der "Dialektische Materialismus" war später vorsichtiger: "Die Welt ist unendlich."
Als ich dann eines Nachts in einer (westlichen) Rundfunksendung hörte, daß renommierte Physiker wie z.B. Heisenberg schon lange zu der angeblich sicheren Erkenntnis gekommen waren, daß zumindest im subatomaren Bereich auch der ZUFALL eine wesentliche Rolle spielt, hat es mich fast vom Stuhl gehauen. Und schon die bloße ERWÄGUNG der MÖGLICHKEIT, daß das VIELLEICHT WAHR sein KÖNNTE - und mein fester Glaube an die Kausalität ein IRRTUM - brachte mir ein unbeschreibliches Glücksgefühl der ERLÖSUNG aus einem vielleicht unmittelbar bevorstehenden VERSINKEN IN EINEM SCHWARZEN MOOR, in das ich mit jedem (geistigen, d,h, argumentativen) Bewegungs-Befreiungsversuch nur immer tiefer eingesunken war. "Jetzt darf ich auf keinen Fall weiterdenken!", hatte ich mir schon tagelang eingehämmert. "Lenk Dich ab, lenk Dich ab, lenk Dich ab, sonst wird innerhalb der nächsten 2 Minuten das schwarze Moor über dir zusammenschlagen für immer". Was wird in einer halben Stunde sein? Werde ich irgendwo reglos am Boden liegen oder orientierungslos durch die Stadt irren? Keiner kann mir jetzt noch helfen. Denn wie soll ich wem ganz schnell die Gedankenkette erklären, die hierher geführt hatte, und was war daran möglicherweise falsch?
Was soll ich tun? Sofortige Selbsttötung, wenn ich merke, daß ICH VERSINKE? Oder jetzt schon? Und wie? Natürlich elektrisch, die technischen Einzelheiten waren ja längst geklärt. Ich zog das unterste Schubfach meines riesengroßen Kleiderschranks auf, wo ich ganz hinten vor Jahren den 800 V - Transformator versteckt hatte. Aber der Trafo war weg!
Ich breche die Geschichte hier ab, denn meine Geschichten interessieren ja keinen, und die, die sich um Interesse bemühen, verstehen sie nicht.

Die DDR hatte mich also belogen und gleichzeitig mit Gewalt daran gehindert, mich frei zu informieren: Erst in der Schule, dann durch Buchzensur, Pressezensur, Störsender, Mauerbau.
Und ich haßte diese DDR bis aufs Blut, wenn ich mal in Rage war. Was für eine unendliche Wohltat, daß es diese westlichen Rundfunk- und Fernsehsender gab, und ich in einer Gegend wohnte, wo man sie empfangen konnte und nicht auf den dämlichen DDR-Rundfunk angewiesen war.
Im heutigen Staat kann fast jeder über fast alles ein Buch schreiben, auch wenn's der größte Unsinn ist. Das ist der Preis der Freiheit. Kaum ein Preis ist dafür zu hoch!
Du nimmst Anstoß daran, daß "in diesem Staat" die Spinner zunehmend auch in öffentlich-rechtlichen Medien zu Wort kommen dürfen, ich auch. Ich tröste mich: Trial-and-error-Großversuch. Auch ein blindes Huhn könnte ja mal ein Korn finden. Aber Suchende werden irregeleitet.
Lieber Wolfgang, Du wünschst Dir einen Staat mit einer Obrigkeit, die wissenschaftliche Erkenntnisse von Irrlehren unterscheiden kann und dem infolgedessen die Kompetenz zukommen darf, ja zukommen muß, diese dem Volk zu vermitteln und jene von ihm fernzuhalten. Du wünschst Dir eine Obrigkeit, die die Wahrheit kennt und die Macht hat, die Verbreitung von Irrlehren zu verbieten.
Woher aber bekommt eine Führung ihr Wissen?
Von der Wissenschaft, denn die ist von der Gesellschaft beauftragt, die Welt zu erforschen und wird dafür bezahlt.
Wenn nun aber zwei Wissenschaftler, beide gleich höchstqualifiziert und von lauterem Charakter, über eine Sache zu zwei Thesen kommen, die einander widersprechen, obwohl beide ihre Thesen mit seriös recherchierten Fakten gut begründen können - wer hat dann recht?
Das werden wir in 20 oder 200 Jahren vielleicht wissen. Aber die Führung muß heute handeln und kann nicht beiden Thesen gleichzeitig folgen. Gerade im Grenzbereich unseres jeweiligen Wissensstandes stoßen wir häufig auf Tatbestände, die mit den aus unserer Erfahrung stammenden Worten, Begriffen und bildhaften Vorstellungen nicht erfaßbar sind, und jeder, der das doch versucht, hat dann mit jeder Meinung immer recht und unrecht zugleich, weil der als selbstverständlich vorausgesetzte Tatbestand eines Entweder-Oder nicht der Realität entspricht.
Wie bei den beiden Wanzen auf der großen Kugel.
Ist somit auf die aktuelle Wissenschaft überhaupt kein Verlaß? Aber worauf dann? Auf die Philosophen? Die sind von der praktischen Forschung meist weiter entfernt und noch mehr zerstritten. Gar auf Esoteriker, Astrologen oder einen Oberweisen von ganz früher? Oder auf die Religionen? Vielleicht ja nur eine von den 8000, die es gibt, das würde ja schon reichen. Erich von Däniken sagt, am 23.12. steigt der Gott Bolon Yokte auf die Erde nieder. Vielleicht weiß der was. Aber wir brauchen die Information ja schon früher.

Im Ernst: Was soll man tun?
Vielleicht ausprobieren? Erst das eine, dann das andere, für eine genau begrenzte Zeit, meinetwegen 5 Jahre? Trial-and-error-Verfahren! Aber wer soll entscheiden, was zuerst, was überhaupt drankommt?
Das Volk? Das Volk ist dumm!
In der guten alten Zeit wurde sowas mit explosiven Materialien entschieden. Dabei setzte sich langfristig der mit den besseren Erkenntnissen über die Wirklichkeit durch und damit dessen Erkenntnisse. Das könnte man heute auch so machen, aber heute wäre danach von dem, worüber entschieden werden sollte, nicht mehr viel da.
Mach' Du doch mal einen Vorschlag! Ich höre.
Nein - ich lese. Akustisch hat's nicht funktioniert. Du läßt mich ja nicht zu Wort kommen.

Lieber Wolfgang, ich habe den Eindruck, daß Du in diesem Land, unter diesem Staat, leidest. Das ist sehr ärgerlich, zumal Du doch zu den etwas intelligenteren Exemplaren unserer Spezies gehörst. Du lebst in einer Welt, die Du haßt, bist - nach eigener Aussage - "aller Menschen Feind". Ich halte es für möglich, daß ich Gründe dafür kenne - aus eigener Erfahrung - die auf einer sehr elementaren weltanschaulichen Ebene liegen. Würden die gefunden werden, könnte sich Dein Leiden auf ein akzeptables Maß verringern lassen, vielleicht.

Woher nimmst Du eigentlich die Sicherheit, daß das, was Du in den Büchern gelesen hast, mit denen Du einst Deine Weltanschauung aufbautest, umfassend richtig war, umfassend richtig ist und wahr? Man hat doch niemals auch Bücher gelesen, die sich kritisch damit befaßten, denn die wurden in der DDR doch garnicht angeboten. Man wußte ja kaum, daß es solche Bücher überhaupt gab. Sie lagen - munkelte man z.B. in Potsdam - im "Giftschrank" in der obersten Etage der Bibliothek am Platz der Einheit, nur für Leute mit Sonderausweis erreichbar.

Meine heutigen Auffassungen kann ich jetzt hier nicht wiederholen, Du kannst sie im Internet-Diskussionsforum über Hoimar von Ditfurth finden: www.hbglweb.de/forum , beginnend im Juli 2011 mit "Außenseitermeinung über Hoimar von Ditfurth" , und ich sage es gleich: ich halte ihn für einen guten Wissenschaftsautor, stehe aber in weltanschaulichen, sprich religiösen Fragen Deiner Meinung viel näher als ihm. Meine Beiträge dort sind bewußt extrem kurz gefaßt, und ich habe sie dann bald abgebrochen, denn von mir will keiner etwas wissen. Wie immer. Ich bin überhaupt von diesem Forum sehr enttäuscht. Mit meiner Kritik an HvD hat sich keiner befaßt. Ich habe den Eindruck, daß viele Leser von HvDs Büchern und meinen Einträgen nur bereit sind, das anzunehmen, was ihrer eigenen unbewußten Meinung nahesteht. Meine Thesen stammen aus eigener Erfahrung und haben keine Verbindung zu zuständigen wissenschaftlichen Fachdisziplinen. Was die darüber denken, ist mir nicht bekannt. Deshalb hätte ich gern hier Meinungsäußerungen dazu gelesen. Es kamen keine. Vielleicht muß ich mehr Hintergrundinformation liefern. Insbesondere Erkenntnisse aus meiner psychischen Beinahekatastrophe haben in meinen Beiträgen ihren Niederschlag gefunden. Es war das Schrecklichste, was ich erlebt habe bisher und hätte mich um ein Haar das Leben gekostet - und war doch nur die logisch einwandfreie Verarbeitung einer Anfangs-Falschinformation. Und: dienen die in "Warum gefällt uns Musik" vermuteten, durch Musik aufgebauten Datenverarbeitungsstrukturen etwa der Über"spiel"ung von Daten aus dem Verstandes- in den Gefühlsbereich? Keinen scheint es zu interessieren.

Zurück zum Thema DDR:
Man muß aus Sicht der DDR-Obrigkeit hinter alldem keineswegs eine böse Absicht vermuten. Im Gegenteil: man wollte den Menschen Gutes tun. Nicht alle allen, das ist überall so, aber viele vielen. Man glaubte nur: sie sind dumm, verbildet durch frühere Zeiten - und da ist was dran - und müssen erzogen werden. Und WIR haben nun - erstmals in der Menschheitsgeschichte eine wissenschaftliche Weltanschauung, die allen früheren überlegen ist. Das ganze Volk soll davon profitieren! Zu seinem Glück und Wohleregehen!
Ich schrieb: "Die DDR hat mich belogen und behindert." Aber sie haben mich doch nicht belogen. Sie waren doch von der Richtigkeit ihrer Weltanschauung ehrlich überzeugt.
Sie IST aber nicht richtig, und darauf kommt es an!
Es ist von großer Bedeutung, ob man eine Weltanschauung hat, die eine zutreffende Beschreibung der Wirklichkeit liefert, oder ob man eine Weltanschauung hat, die eine Irrlehre ist.
Aber wie stellt man das fest?
In einem 40-minütigen Telefongespräch wohl nicht. Denn schon hier jetzt ist alles sehr stark vereinfacht, idealisiert und etwas naiv, ich weiß. Hoffentlich nicht auch noch "oberlehrerhaft". Es geht erstmal "nur ums Prinzip" auf der obersten Ebene. Aber Prinzip ist wichtig - oberhalb des Tisches. Wenn die oberste Erkenntnis nicht stimmt oder sogar die Fragestellung schon einen Irrtum enthält (S."Der Sinn des Lebens"), werden alle ihr im hierarchischen Aufbau untergeordneten Erkenntnisse auch nicht stimmen, mit welch raffinierten dialektischen Winkelzügne man auch versucht, sie hinzubiegen. Und darin waren die DDR-"Gesellschaftswissenschaftler" groß, und sie hatten die geistige Alleinherrschaft, die Macht, Andersdenkende auszuschalten. Mit selektiver Wahrnehmung kann man alles beweisen und andere davon überzeugen, wenn man sie daran hindert, sich frei zu informieren.

Diese BRD ist kein "kapitalistischer" Staat, sondern, jedenfalls in seinem Selbstverständnis, ein demokratischer Staat, in dem es ein kapitalistisches Wirtschaftssystem nur deshalb gibt, weil das Volk es so will. Denn es hat in freier geheimer Wahl die Parteien gewählt, die hier und heute dieses System für das bestmögliche halten. Kapitalismus in Reinkultur ist das übrigens nicht, da der Staat die Freiheit der Unternehmer durch Gesetze erheblich einschränken kann. Es ist - wenn man so will - eine Mischung aus Kapitalismus und Sozialismus, wie es die DDR rein theoretisch auch war. Mit vielen Ungerechtigkeiten und Verstößen gegen selbstgeschaffene Regeln. Aber wo in der großen weiten Welt sind alle Dinge ideal geregelt?
Immerhin: Das Grundgesetz erlaubt, daß aus diesem Staat ein Demokratischer Sozialismus werden könnte. Wenn das Volk es will.
Wenn Sie "dieses System" anklagen, Frau Ditfurth, meinen Sie dann die Demokratie immer gleich mit? Denn die ist doch ein "Über"-System, das, wenn es so verwirklicht wird, wie es gedacht ist, alle Systeme ermöglicht, die Wissenschaftler vorschlagen könnten. Wenn das Volk es will. Aber das ist ja manipuliert und dumm, meinen Sie. Und muß erzogen werden.

Wir haben die fortschrittlichste Gesellschaftsordnung der Weltgeschichte, verbesserungsbedürftig hier und da, aber das kriegen wir schon noch hin. Jetzt gilt es, die hart erkämpften Errungenschaften zu schützen und zu verteidigen gegen ihre Feinde hier und in aller Welt! Und hätten wir nicht sogar eine gewisse moralische Pflicht, diese Ordnung schrittweise der ganzen Welt - sagen wir mal - dringend nahezulegen, um die unter ihren Irrlehren leidenden Völker von ihren Leiden zu befreien, wie es 1945 die Amerikaner in einem Teil unseres Landes mit uns gemacht haben, wovon wir wohl heute noch profitieren?
Und wenn's denn am Ende überhaupt nicht anders gehen sollte - heute gibt's doch schon sehr humane Waff . . . .

Mein Gedächtnis ist nicht mehr so gut, wie es mal war, und es ist ja auch schon wieder eine Weile her - aber irgendwann irgendwo habe ich sowas schon mal gehört. Kann das sein?
Aber keine Sorge. Unser Land ist klein. Unsere amerikanischen Freunde haben da mehr Möglichkeiten . . . .


Peter Niemann, 10178 (Ost-)Berlin


Ich danke Herrn Wolfgang Deparade aus Berlin-Köpenick für die (unfreiwillige) Anregung zu diesem Brief. Aber ich habe das Ganze auch gern mal für mich selbst aufgeschrieben.





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