Re: Expedition ins Gehirn - TV Serie - Savants - neu


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Abgeschickt von Heinz Boente am 04 April, 2006 um 12:50:01

Antwort auf: Re: Expedition ins Gehirn - TV Serie - Savants - neu von Walter Keil am 01 April, 2006 um 21:37:51:

Hallo Herr Keil,

eine interessante Diskussion! Der Vergleich des menschlichen Gehirns mit einem Computer erscheint mir aber nach wie vor sehr gewagt. Ich gebe zu, daß er sehr naheliegt, weil man a) mit einem menschlichen Gehirn zweifelsohne Daten speichern und auch rechnen kann und b) die Leistungen eines modernen Computers denen eines Gehirns augenscheinlich recht ähnlich sind.

Da ich die Entwicklung unserer "schnellen Gesellen" aber von der Transistor-Zeit in den 1960er Jahren bis heute hautnah miterlebt habe, habe ich da so meine Zweifel. Sie sprechen beispielsweise die Rechenleistung an. Aber denken Sie in diesem Zusammenhang mal an die Peripherie. Bei einem Computer findet ein ungefilterter Datentransfer zwischen der CPU (= Central Processing Unit) und den externen Geräten (Tastatur, Bildschirm, Maus, Drucker, Scanner, Digitalkamera etc.) statt, wohingegen beim Menschen bereits die Peripherie (unsere Sinne) erhebliche Vorleistungen erbringt - siehe z. B.: HvD "Der Geist fiel nicht vom Himmel" - und nur vergleichsweise wenige Informationen überhaupt an das Gehirn weitergibt.

Zweitens ist die Verarbeitung und Speicherung der Informationen im menschlichen Gehirn von zahlreichen physischen, psychischen und emotionalen Gegebenheiten abhängig, die man - theoretisch - in einem Computer zwar simulieren könnte, aber die dort prinzipiell nicht vorhanden sind.

Drittens gibt es durchaus lernfähige Computersysteme, die aber dennoch nur insoweit lernfähig sind, wie ein vorgegebenes und nur sehr bedingt anpassungsfähiges Programm vorhandene Datenmengen miteinander zu verknüpfen in der Lage ist. Zugegeben, mit einer derartig ungeheuren Geschwindigkeit, daß sogar ein Kasparow in den USA Ende der 1990er Jahre mal gegen einen Schachcomputer verloren hat (das war übrigens ein RS6000 System von IBM). Allerdings bin ich ganz sicher, daß sich die RS6000 damals nicht darüber gefreut hat - ihre Programmierer aber schon (das weiß ich genau, denn einen von ihnen kenne ich persönlich).

Viertens (als Frage formuliert) wie sehen Sie "angeborene" Talente und ererbte Fähigkeiten und Gaben? Es gibt zweifelsfrei dümmere und klügere Menschen. Würden Sie das tatsächlich mit der Speichergröße und der Prozessorgeschwindigkeit beim Computer vergleichen wollen?

Philosophisch betrachtet gibt es beim Computer kein evolutionsbedingtes "a priori". Alles, aber auch wirklich alles kommt beim Computer "von außen". Sei es die Hardware, sei es die Software. Beides als Ergebnis menschlicher Gehirnleistung! Ich gebe zu, verglichen mit einem kleiderschrankgroßen Transistor-Rechner (so wie ich ihn noch kennengelernt habe), der zwar damals schon vergleichsweise blitzschnell endlos lange Zahlenreihen auf Papier drucken und sogar problemlos in wenigen Minuten die Gehaltsabrechnung eines Großunternehmens bewältigen konnte, sind die heutigen Multimedia-Computer, die auf unseren Schreibtischen oder in unseren Wohnzimmern stehen, wahre Wunderwerke mit erstaunlichen - gehirnähnlichen oder sogar -analogen Leistungen. Dennoch sind sie seelenlose Maschinen (und werden es hoffentlich auch bleiben).

Und wie die Savants oder Menschen mit anderen "abnormalen" (bitte richtig zu verstehen) Fähigkeiten Leistungen vollbringen, die "uns Normale" und die Hirnforscher in höchstes Erstaunen versetzten, so halte ich diese Tatsache dennoch für eine "Fehlkonstruktion" (bitte auch dies richtig verstehen) des menschlichen Gehirns, die nur auf Kosten anderer "Normalfunktionen" möglich sind. Faszinierend zwar, aber allenfalls - und jetzt werde ich mir selber untreu und vergleiche doch mal das Gehirn mit einem Computer - mit einem Spezialrechner vergleichbar, der z. B. keine andere Aufgabe hat als ein Flugzeug auf Kurs zu halten oder Licht und Farben zu digitalisieren und irgendwo als Pixel abzuspeichern.

Ich hoffe auf weitere Meinungen.
HB



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