Re: Autobiografisches zum „Apfelbäumchen“


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Abgeschickt von Halil Güvenis am 02 November, 2007 um 12:32:41

Antwort auf: Re: Autobiografisches zum „Apfelbäumchen“ von Heinz Boente am 01 November, 2007 um 15:13:34:

Hallo Herr Boente, Hallo Diskussionsteilnehmer,

nachdem ich Ihren Beitrag gelesen habe, machte ich mir noch einmal Gedanken darüber, was mir an HvD gar nicht gefällt. Ich kam zu dem Schluss, dass ich eigentlich nicht HvD, sondern die naturwissenschaftlich-technische, rationalistische Denkrichtung treffen will, auf die er sich beruft. – Was werfe ich also dieser Denkrichtung vor? Ich werfe ihr vor, ahistorisch vorzugehen, d.h. den Menschen, den die städtische Zivilisation hervorgebracht hat, zu verabsolutieren und zum einzigen Menschentypus zu erklären. Ein flüchtiger Blick auf die menschlichen Gesellschaften vor der Entstehung der Zivilisation würde genügen, festzustellen, dass es neben Triebverhalten, Lernen und Vernunft so etwas wie Glauben, visionäre Kraft usw. gibt und wesentlich zu menschlicher Beschaffenheit gehört. Folglich müssen diese Eigenschaften in der Evolution als vorteilhafte Strukturen herausselektiert worden sein. Das alles stellt die rationalistische Denkrichtung nicht in Rechnung und stuft alle psyschischen Strukturen jenseits von Vernunft als das irrationale Verhalten des Menschen ein. Ich glaube, sie macht sich die Sache zu leicht; in einer grundsätzlichen Betrachtung wie die Klimakatastrophe ist diese Vorgehensweise nicht korrekt. Es muss streng unterschieden werden, was zu genetischer Beschaffenheit des Menschen gehört und was erst durch kulturelle Entwicklung entstanden ist.

Zum Schluss möchte ich zu Ihrer Stellungnahme einige Bemerkungen machen:

„(1) --- [...Sobald Sie den Erkenntnis- und Aktionsrahmen der Art genetisch festlegen, darf kein einziges Individuum dieser Art über die Artgrenzen hinaustreten...]. Doch, das darf es! Das muß es sogar (Mutation), denn wäre dem nicht so, dann gäbe es das Evolutionsprinzip nicht. Erst im zweiten Schritt (Selektion) entscheidet dann die Umwelt (die äußeren Umstände), wie wirksam diese Überschreitung werden wird.“

Bei dieser an sich selbstverständlichen Feststellung lassen Sie den Eindruck entstehen, als wäre die visionäre Kraft bloß eine Mutation, die nur für einzelne menschliche Individuen gilt. Dabei ist sie eine bereits herausselektierte Eigenschaft, die ausnahmslos für alle menschlichen Individuen in einem bestimmten Durchschnitt gilt.

„(2) --- [...Ich gebe eine menschliche Fähigkeit an, kraft deren einzelne Individuen der Art die angeblichen Artgrenzen überschreiten. Damit ist HvD widerlegt...]. Nein, das ist er nicht! Sie sprechen ja ausdrücklich von "einzelnen Individuen". Dummerweise gehört es jedoch zum Wesen der Evolution, daß nicht der Stärkere oder sogar das Bessere siegt, sondern immer die Masse (von einigen Nischen einmal abgesehen, die aber zum Fortgang der Evolution nichts Wesentliches beitragen). Desweiteren ist die Evolution niemals zielgerichtet, d. h. sie ist blind gegenüber ihren eigenen Ergebnissen. Und dazu gehört auch, daß sie sich theoretisch selber "ins Abseits" evolvieren kann. Überflüssig zu sagen, daß HvD sich dieser Tatsache sehr wohl bewußt war. Einzelne Mutationen, und mögen diese in der Nachschau auch noch so "Recht gehabt haben", haben in der Evolution keine Chance!“

Dass „einzelne Individuen“ die visionäre Kraft benutzen und nicht die Masse, ist ein kulturelles Phänomen, aber kein Genetisches. Wie Sie der Masse der Menschen diese Eigenschaft absprechen und als „Mutation“ bezeichnen, widerspricht den historischen Fakten; alle Individuen der menschlichen Gesellschaften vor der Entstehung der Zivilisation konnten diese Eigenschaft benutzen.

„Ich möchte zum Schluß noch ergänzen - und das habe ich in meinen vorigen Beiträgen schon zu verdeutlichen versucht -, daß ich Ihnen voll zustimme, daß der Einzelne sehr wohl über seine Conditio humana hinaus denken und handeln kann, aber doch nicht "die Menschheit". Dummerweise hat sich die Menschheit aufgrund ihrer genetischen Veranlagung, die von der soziokulturellen Entwicklung schlichtweg überrollt worden ist, in eine Lage hineinmanövriert, in der das Ruder auch durch einzelne oder hundert oder tausend oder sogar zehn Millionen "Visionäre" (ich nenne sie mal so) nicht mehr schmerzfrei herumgerissen werden kann (und HvD hat das schon damals erkannt). Mal ganz davon abgesehen, daß es nahezu unmöglich ist, diese - von mir optimistisch gesehenen - zehn Millionen Visionäre unter einen Hut zu bringen. Auch eine Weltwirtschaftskrise hat in den 1920er Jahren nichts bewirkt, jedenfalls nichts nachhaltig Positives.“

Hier fassen Sie Ihre Meinung noch einmal zusammen. Ich habe meine Ansichten dazu oben dargelegt, ich möchte sie hier nicht wiederholen. Eins möchte ich aber bemerken: Um solche Behauptungen aufstellen zu können, müssten Sie die anthropologischen Fakten über die Urgesellschaften und das historische Verhalten der Menschen in Umwälzungsepochen kennen. Da ich diese beiden Problemkreise ein Stück weit kenne, komme ich zu einer anderen Schlussfolgerung als Sie.

Mit freundlichen Grüßen

HG




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