Re: Wege aus der Energiekrise - Anregungen


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Abgeschickt von Heinz Boente am 14 April, 2007 um 15:32:27:

Antwort auf: Wege aus der Energiekrise - Anregungen von Goce Markovski am 08 April, 2007 um 19:15:26:

Hallo Herr Markovski, liebe Diskussionsteilnehmer,

das sind sicherlich alles interessante Überlegungen, auch wenn einige - wie u.a. Herr Keil ausgeführt hat - unrealistisch und nicht oder nur mit ungeheurem, nicht mehr ökonomisch vertretbarem Aufwand implementiert werden könnten.

Ich denke auch, daß die technischen bzw. die fehlenden technischen Möglichkeiten zur Energiegewinnung überhaupt nicht das Problem sind, sondern eine vernünftige, GLOBALE Energieversorgung scheitert genau an dem, was HvD in seinem Apfelbäumchen die "Conditio humana" (= menschliche Beschaffenheit) genannt hat.

Zuerst einmal besteht das Problem in den ökonomischen Interessen der Energieversorgungsunternehmen selber (Öl, andere fossile Brennstoffe wie Braunkohle, Kohle etc., Kernenergie, aber auch neuerdings durchaus in einem winzigen Rahmen Windkraft, Biomasse usw.), die allerdings weniger an der langfristigen Erhaltung einer menschenwürdigen Umwelt als vielmehr an der kurzfristigen Höhe ihrer Aktienkurse und Management-Gehälter interessiert sind.

Zweitens sind da die nationalen Interessen derjenigen Länder, die über die entsprechenden Rohstoffvorräte verfügen (Saudi Arabien, Süd- und Mittelamerika, Irak, Iran usw.), die verständlicherweise möglichst viel Geld aus ihren Ressourcen herausholen wollen, solange es noch eben geht.

Und drittens die Bequemlichkeit (und teilweise auch Unwissenheit) des Individuums, das möglichst viel Energie für möglichst wenig Geld verbrauchen will - und mittlerweile sogar muß, denn es wird ja nichts mehr per Hand gemacht, vom elektrischen Rasierapparat bis zur vollautomatischen Espressomaschine und diversen Dolby-Surround-Anlagen. Natürlich möchte eine Familie draußen im Grünen wohnen, dafür nimmt man gerne eine tägliche Fahrt zur Arbeitsstelle (sowie zum Einkaufen, Kultur, Unterhaltung usw.) gerne in Kauf.

Aber auch diese drei Beispiele darf man nicht isoliert betrachten und das jeweilige als das allein Schuldige ansehen, sondern wichtig ist das Gesamtsystem, in alles mit jedem vernetzt und voneinander abhängig ist. Und eben nicht mehr nur im Rahmen der eigenen kleinen Gemeinde, des eigenen Bundeslandes, des eigenen Staates, sondern - wenn man schon das Wort 'Globalisierung' benutzt, dann gilt das eben nicht nur für die Vor-, sondern auch und in einem viel gefährlicheren Maße für die Nachteile.

Es ist sicher richtig und wichtig, daß man derzeit mit fast schon hektisch zu nennendem Aktionismus versucht, den Klimawandel, den CO2-Ausstoß, den Energieverbrauch in den Griff zu bekommen, aber sehr bemerkenswert finde ich die Tatsache, daß die Schuldigen mal wieder die "kleinen Leute" sind. Klar sollte man den Stecker seiner Geräte ziehen, um durch Ausschalten des Standby-Modus Energie (und damit eigenes Geld - ein starker Motivator!) zu sparen. Klar sollte man Hybrid-Autos oder Fahrzeuge mit möglichst geringem CO2-Ausstoß fahren. Sicher ist es auch sinnvoll, ab sofort nur noch Energiesparglühbirnen zu produzieren. Alles gar keine Frage und alles auch richtig, aber im Endeffekt sehe ich das als eine Art Bankrotterkärung der "Verantwortlichen" an, denn das heißt doch, daß wieder einmal mehr nur an den Symptomen herumgedoktort wird und die Ursachen bleiben bestehen. Wieder einmal wird der Weg des geringsten Widerstandes beschritten und statt alles, wirklich alles, was man hat in die Weiterentwicklung umweltfreundlicher Technologien zu investieren, bleibt "oben" bei der Energieerzeugung im Grund alles so bestehen wie es ist, aber "unten" bei den Kleinverbrauchern muß gespart werden!

Noch einmal, damit ich nicht mißverstanden werde: jede Watt-Sekunde, die von einem Einzelnen gespart wird, braucht nicht erzeugt zu werden, aber ich halte es für falsch und kurzsichtig, wenn nur am unteren Ende gespart und am oberen mit denselben Technologien und Ideologien weitergemacht wird!

Die Heizenergie liegt direkt unter unseren Füßen (Geothermie, Herr Keil ist da Experte), und wieviele Neubauten werden mit Geothermie-Anlagen ausgerüstet (vor der Nachrüstung bei Altbauten ganz zu schweigen)? Nix is! Sonnenenergie steht in nahezu unbegrenzter Menge zur Verfügung und Flächen, auf denen man quadratkilometergroße Sonnenkollektoren problemlos aufstellen könnte, gibt es auch (die riesigen, vollkommen ungenutzen Wüstenflächen in USA, Asien, Afrika und im Rest der Welt). Aber - siehe "Conditio humana" - das würde eine Überwindung der nationalstaatlichen Interessen erfordern (wem die Wüste gehört, der will auch Geld für die dort erzeugte Energie haben - siehste!). Das erfordert aber auch globale Anstrengungen und gewaltige Geldmengen (die offensichtlich besser in Kriege investiert werden).

Mein trauriges Fazit: Unsere Energiemisere und der davon direkt abhängige Klimawandel liegt nicht an fehlenden oder noch nicht erschlossenen Möglichkeiten, sondern nur und ausschließlich an der Tatsache, daß wir die bereits vorhandenen aus den o. a. Gründen nicht konsequent und global nutzen. Daß dem Menschen aufgrund seiner "Conditio humana" nationalstaatliche und/oder ideologische Interessen immer noch wichtiger sind, als das gemeinsame und menschenwürdige Überleben auf einem begrenzten Planeten.

HB

Zum Schluß noch ein Spruch von Bertold Brecht: "Und sie sägten an den Ästen, auf denen sie saßen, und schrien sich zu ihre Erfahrungen, wie man besser sägen könne. Und fuhren mit Krachen in die Tiefe, und die ihnen zusahen beim Sägen, schüttelten die Köpfe und sägten kräftig weiter."




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