Re: Kinder des Weltalls


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Abgeschickt von Henry Grimmer am 23 September, 2009 um 16:17:42

Antwort auf: Re: Kinder des Weltalls von Helmut Pfeifer am 18 September, 2009 um 16:52:35:

Herr Taplan, Herr Pfeifer!

Vorab eine Frage: Entspricht es den Tatsachen, dass H. v. D. von den Medien bzw. von der (Populär-)Wissenschaft geschnitten wurde? Wie wird diese Meinung begründet? Denn wenn es sich um seine Sicht von übergreifenden Strukturen und Zusammenhängen im Universum handeln sollte, kann ich das nicht nachvollziehen. Ob der Titel „Kinder des Weltalls“ gezielt eingesetzt wurde, man denke an „Kinder Gottes“?


Dazu ein paar Gedanken über H. v. D.. Ich bin durchaus ebenfalls der Ansicht, dass seine beiden Bücher („Kinder des Weltalls“, „Am Anfang war der Wasserstoff“) wichtig waren, ich selbst bin durch sie zur Astronomie bzw. Physik gestoßen (als immer noch großer Laie, wohlgemerkt). „Meisterwerk“ scheint mir aber dann doch zu hoch gegriffen. Denn zum einen ließe sich auch damals schon das eine oder andere bemängeln, zum anderen war er sich auch selbst nicht schlüssig, wir mir schien (Ich muss hier aus dem Langzeitgedächtnis heraus schreiben, denn das ist mehr als dreißig Jahre her).

Ein Schlüssel zu seinem Erfolg war sicher der Zeitgeist, es war die Zeit des „Aquarius“ (Musical „Hair“), und schon Joni Mitchel schrieb in ihrem Lied „Woodstock“: „We are stardust, we are golden“. Mag das eine Esoterik, das andere Poesie sein, jedenfalls lag was in der Luft. Und ich vermute, viele, die H. v. D. lasen, hatten den esoterischen Aspekt im Auge. Und ganz so falsch lagen diese Leser damit wohl nicht, denn wenn auch der naturwissenschaftliche Anspruch im Vordergrund lag, so ist seine Ansicht, dass es nicht der Zufall war, der uns ins Leben geworfen hat, sonder dass dahinter eine gewisse Zwangsläufigkeit steht, schon ein wenig „nicht von dieser Welt“. Ich selbst bin der Überzeugung, dass das Leben dem Kosmos so zu sagen „inhärent“ ist, aber ich sehe auch, dass ich mich mit dieser Überzeugung vom Überprüfbaren verabschiede, es ist – wenn man so will – eine Frage des Glaubens. Und genau deshalb ist sind die „Naturwissenschaften“ nicht „eine Fortsetzung der Metaphysik mit anderen Mitteln“.
Denn es ist nach allem, was man heute über z. B. die Feinabstimmung der Naturkonstanten weiß, eben nicht selbstverständlich, dass unser Kosmos notwendig Leben hervorbringen musste. Winzigste Abweichungen hätten ein Universum, in dem Leben (zumindest in unserem Sinne) hätte entstehen können, verhindert. Ich sehe zwei mögliche Voraussetzungen für die unabdingbare Entstehung von Leben, und beide bringen mich in ein naturwissenschaftliches Dilemma. Die erste Voraussetzung wäre eine teleologische: es gibt ein Ziel. Ziele müssen aber gesetzt werden, und das bedingt ein Setzendes, ein handelndes Subjekt. Um es kurz zu mache, dieser Ansatz führt zu Gott, zur Metaphysik. Damit kann sich aber die Naturwissenschaft nicht befassen, dafür ist sie nicht kompetent.

Die zweite mögliche Voraussetzung ist ohne Umwege Metaphysik Der Kosmos IST schon Leben (das ist im Übrigen meine Überzeugung): in den denkenden Wesen reflektiert er sich quasi selbst. Ein Weg geht zum Pantheismus (der nebenbei zeigt, dass es auch schon vor Jahrhunderten eine ganzheitliche Sicht der Welt gab, nur dass hier der moderne wissenschaftliche Ansatz fehlt), ein anderer zur Überwindung jedes Gottesbegriffes. Auch das geht über die Kompetenz und das Selbstverständnis der Naturwissenschaft hinaus.

Man tut weder den Glaubensinhalten noch dem naturwissenschaftlichem Wissen einen Gefallen, wenn man beides vermengt.

Wir sind Kinder des Kosmos, ganz gewiss auch im naturwissenschaftlichen Sinn, und H. v. D. als Lektüre zu empfehlen, ist völlig in Ordnung, allerdings mit dem eindeutigen Hinweis, dass seine Werke eben schon alt sind und dass die Wissenschaft in vielen Bereichen heute viel weiter ist als damals (außerdem ließ er einen kompletten, überaus wichtigen Bereich völlig aus, nämlich die Quantenmechanik, und man kann unseren Kosmos ohne sie nicht verstehen).

Ich möchte um der Wichtigkeit des genauen Hinschauens willen ein obiges Beispiel zitieren:
„HvD erläutert ausführlich den Zusammenhang zwischen der kosmischen Höhenstrahlung, dem Sonnenwind und dem Magnetfeld der Erde. Der korpuskulare Sonnenwind bildet quasi die Atmosphäre der Sonne. Er schützt die Erde vor der harten energiereichen kosmischen Höhenstrahlung aus den Tiefen des Universums. Da der Sonnenwind als Teilchenstrahlung selbst schädlich für das Leben auf der Erde ist, schützt uns das irdische Magnetfeld vor dem Sonnenwind – eine Art kosmischer Sozialpakt.“ Ende Zitat.
Ich weiß nicht, in wie weit H. v. D. hier zitiert oder interpretiert wird, jedenfalls ist der Zusammenhang von Magnetfeld und Sonnenwind bzw. kosmischer Höhenstrahlung ein folgender: Der Sonnenwind ist Teil der kosmischen Höhenstrahlung, und diese besteht zum größten Teil aus Protonen, also positiv geladenen Wasserstoffkernen, Elektronen (negativ geladen) und (kosmischer) Gammastrahlung. Abgefangen wird die Strahlung in unserem Magnetfeld (Van-Allen-Gürtel). Über das magnetische Feld werden die Teilchen zu den Magnetpolen gelenkt und erzeugen die bekannte Aurora – das Nordlicht. Teilweise kommen die Teilchen aber auch bis in die oberen Schichten unserer Atmosphäre durch und reagieren mit den Molekülen dort oben (10 km Höhe), und weil sie so hochenergetisch sind, entsteht durch den Zusammenstoß unter anderem ebenfalls Gammastrahlung; diese Strahlung ist der Grund, warum man sie überhaupt Höhen-„strahlung“ nennt. Der Anteil der ursprünglichen Gammastrahlung wird – weil ungeladen – vom Magnetfeld nicht aufgehalten und reagiert mit den Gasen in der oberen Atmosphäre. Man hat im Übrigen kosmische Teilchen in der Atmosphäre gemessen, deren energetisches Masseäquivalent dem von Staubkörnern entsprach – das ist gigantisch!
Ich führe das Beispiel nicht an, um H. v. D. zu widerlegen oder dergleichen, sondern nur, um zu zeigen, dass man am Ball bleiben sollte.
Und überhaupt – es sollten ja nur ein paar Gedanken sein!
Mit freundlichen Grüßen
Henry Grimmer




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