Re: Autobiografisches zum „Apfelbäumchen“


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Abgeschickt von Halil Güvenis am 19 Oktober, 2007 um 12:13:58

Antwort auf: Re: Autobiografisches zum „Apfelbäumchen“ von Walter Keil am 18 Oktober, 2007 um 23:29:12:

Hallo Herr Koch, Hallo Herr Keil,

Ihre Kritik an meinen zwei Argumenten gegen HvD ist durchaus berechtigt. Ich habe diesen Standpunkt vor zwanzig Jahren gehabt (ich sprach ja im autobiografischen Kontext über den Gegenstand). Heute sehe ich aber viel weiter, als ich hier dargestellt habe. Ich wollte den Forumsteilnehmern nicht vorenthalten, dass es vor zwanzig Jahren jemanden gegeben hat, der die gleichen Sorgen wie Sie hatte, aber durch Aufstellen der obigen Argumente sich einen neuen Ausgangspunkt für eine nicht resignative Haltung verschafft hat. Es war also eine Art Solidarität, die mich zum Schreiben der obigen Zeilen bewogen hat. Ich sehe aber ein, dass ich dem Forum zumindest jenes Argument schuldig bin, warum HvD mit seinen Thesen im „Apfelbäumchen“ die „Conditio Humana“ zwar korrekt, aber in bestimmter Weise mangelhaft beschrieben hat. Da der Gegenstand meine laufende, nicht veröffentlichte Forschungsarbeit betrifft, werde ich mich kurzfassen und die Lösung nur andeuten.

Im Rahmen der Verhaltensforschung und der evolutionären Erkenntnistheorie der 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts lässt sich die „Conditio Humana“ in etwa folgendermaßen darstellen: Die Menschen haben mit den übrigen Tierarten gemeinsam – die Instinkt- und Triebhandlungen sowie das Lernen aus Versuch und Irrtum, aus Bestrafung und Belohnung. Dabei sind die Instinkthandlungen der Menschen weitgehend verkümmert und ihre Aufgaben von höheren Funktionen übernommen. Das Spezifisch-Menschliche ist durch die Fähigkeit „Vernunft“ gegeben, die zwar das gegebene Wahrnehmungsmaterial auswerten und in einen nützlichen Zusammenhang bringen kann, aber nicht imstande ist, aus sich selbst heraus einen Handlungsrahmen zu setzen (eine direkte Motivation zu geben).

Wenn wir nun derart strukturierte Menschen einer langsam nahenden Katastrophe gegenüberstellen, dann sind diese Menschen grundsätzlich nicht zu retten, weil die Katastrophe, sagen wir, in einer Entfernung von sechzig, siebzig Jahren liegt und die Menschen davon nur durch ihre Vernunft (durch wissenschaftlich-technische Voraussage) Kenntnis nehmen und der Lernapparat von einem weit in der Zukunft liegenden Ereignis unberührt bleibt. Die Menschen sind also nicht bereit, einen grundsätzlich neuen (nicht wachstums- und konsumorientierten) Lebensweg zu gehen, bevor die Katastrophe voll eingetreten ist und sie bei Strafe und bei Belohnung eines besseren Lebensweges belehrt hat. Die Menschen sind also verurteilt, diesen Weg des kollektiven Selbstmordes zu gehen, weil die „Conditio Humana“ keine genetischen Mechanismen aufweist, eine zukünftige Katastrophe im Voraus zu vereiteln.

Diese von HvD in ähnlicher Form vertretene Meinung ist deshalb mangelhaft, weil die „Conditio Humana“ über die Vernunft hinaus eine weitere geistige Ebene aufweist. Diese Ebene ist meiner Meinung nach durch die Identifikationsfähigkeit und durch die visionäre Kraft gegeben, die in jedem Menschen drin stecken. Von dieser Ebene aus hat der Mensch, evolutionär gesehen, die Instinkthandlungen außer Kraft gesetzt und an ihre Stelle die kulturell gegebenen Weltbilder gestellt. Der Mensch kann sich also angesichts einer in Zukunft liegenden Katastrophe ändern, obwohl sein Lernsystem dazu unmittelbar keinen Anlass gibt. Er muss dazu die Mitte seines Weltbildes befragen und wenn Not tut, durch eine visionäre Erfahrung und Initiation die fehlenden Informationen holen. Diese Informationen haben für ihn Befehlsgewalt und werden ausgeführt – ganz wie Instinkthandlungen… Zu diesem Punkt möchte ich aus meiner neuesten, noch nicht fertiggestellten Arbeit noch folgende Zeilen anführen: „Er (der Mensch, H.G.) kann dieser Aufgabe nur dann gerecht werden, wenn er in aussichtslosen Situationen mittels seiner visionären Kraft zu Jenseitswelten und zu Göttern Kontakt aufnimmt und sie bei der Bewältigung seiner Aufgabe um Beistand und Kraft bittet. Nur so ist es ihm möglich, langgfristig korrekte Entscheidungen zu treffen, wenn ihn seine restlichen psychischen Kräfte kurzfristig in die Sackgasse führen.“

Ich hoffe, dass diese Ausführungen mancher (resignierten) LeserIn helfen werden, zu verstehen, dass HvDs Thesen, seine „Conditio Humana“, nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Ich wollte nur zeigen, dass alternative Wege möglich sind und die menschliche Art nicht unbedingt auf der Müllhalde der Erdgeschichte enden muss.

Mit freundlichen Grüßen

Halil Güvenis




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